Heinrich von Kleists Novelle stellt die großen Fragen nach Recht und Gerechtigkeit, Schuld und Sühne, Idealismus und Gewalt, Korruption und Machtmissbrauch. Er veröffentlichte die Erzählung, die auf einem historischen Fall aus dem 16. Jahrhundert basiert, erstmals 1810. Topaktuelle Themen, die bis heute nichts von ihrer Brisanz eingebüßt haben und in einer packenden Theaterfassung von Franziska Steiof unter der Regie von Martin Kreidt für drei Schauspieler auf die Bühne gebracht werden. Bei größtmöglicher Werktreue mit vielen wörtlichen Textpassagen des Kleistschen Originals gelingt es eine lebendige, unterhaltsame und sehr kurzweilige, durchaus auch humorvolle Bühnenversion mit viel Musik zu präsentieren.
Zur Geschichte: Der Pferdehändler Michael Kohlhaas wird auf dem Weg nach Leipzig von den Leuten des Junker Tronka aufgehalten. Neuerdings brauche er einen Passierschein. Kohlhaas will diesen Schein gerne nachreichen. Als Pfand hinterlässt Kohlhaas seine beiden besten Pferde auf der Tronken-burg und beauftragt seinen Knecht Herse, sich um die Pferde zu kümmern. In Dresden erfährt Kohlhaas jedoch, dass dieser Passierschein reine Willkür ist und jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt. Als er auf die Tronkenburg zurückkehrt, findet er seine Pferde misshandelt vor. Sein Knecht wurde verprügelt und von der Burg gejagt. Kohlhaas Rechtsgefühl ist aufs Empfindlichste gekränkt. Er klagt um Wieder-gutmachung des Schadens und Verurteilung des Junkers. Nachdem er trotz wiederholter Klagen auf legalem Weg kein Recht erfährt, versammelt er eine Schar Freiwilliger um sich und greift zur Selbstjustiz. Mit Waffengewalt will Kohlhaas seine Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit durchsetzten und nimmt in Kauf, dass unschuldige Menschen ums Leben kommen. Er verliert sich in einer Unverhältnismäßigkeit der Mittel und sein anfänglicher privater Feldzug für die gerechte Sache entwickelt sich zu einem ungerechten Krieg. Der Rosshändler ernennt sich zum Kopf einer neuen Weltregierung und ruft das Volk auf, sich ihm für eine „bessere Ordnung der Dinge“ anzuschließen. In dieser Dynamik von Selbstjustiz und Realitätsverlust entwickelt sich diese rasante Geschichte und es zeigen sich auf verblüffende Art und Weise vergleichbare Mechanismen zu radikalen Ideologien des 20. und 21. Jahrhunderts.
Von Heinrich von Kleist in einer Bühnenfassung von Franziska Steiof,
Regie: Martin Kreidt
Schauspiel: Heiko Büter, Dieter Hinrichs und Tom Keller
Songtexte: Martin Kreidt, Musik: Tom Keller, Dieter Hinrichs, Martin Kreidt, Sebastian Venus,
Dramaturgie, Orga, Graphik/Layout: Frauke Allwardt
Kostüme: Frauke Allwardt, Rita Buschermöhle, Team
Bühne: Team, Bühnenbau: Manfred Vahlenkamp, Oliver Herbolzheimer
Eintritt: 19 Euro/10 Euro ermässigt
Gefördert von: Stiftung Niedersachsen, Oldenburgische Landschaft aus Mitteln des Landes Niedersachsen, Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherung, Landessparkasse zu Oldenburg.
„Die Moritat vom Michael Kohlhaas. Unterhaltsame Kleist-Inszenierung im theater hof/19
So unterhaltsam wie derzeit im theater hof/19 erlebt man den Michael Kohlhaas wohl selten.
Regisseur Martin Kreidt hat Heinrich von Kleists 1810 veröffentlichte Novelle als kurzweilige Moritat auf die Bühne gebracht (...)
Die Aufführung bezieht ihren Reiz aus dem Aufeinandertreffen des dramatischen Stoffes (Bühnenfassung Franziska Steiof) und der frech-fröhlichen Lieder,
vor allem aber aus den komödiantischen, von großer Spielfreude zeugenden Auftritten von Tom Keller und Dieter Hinrichs.
Sie sind als geschniegelte und gestriegelte, pomadierte und gepuderte Moritatensänger mit Akkordeon und Gitarre sowie in zahlreichen weiteren Rollen die eigentlichen Stars des Abends;
fliegende Kleiderwechsel (Kostüme: Frauke Allwardt, Rita Buschermöhle) inbegriffen. Wobei es immer wieder verblüfft, mit wie wenigen Mitteln es den theater hof/19-Schauspielern gelingt,
sich von einem Charakter in den nächsten zu verwandeln. Einfach hinreißend die Darstellung der züchtigen Kohlhaas-Ehefrau durch Hinrichs, köstlich auch Kellers Darbietung des aufbrausenden
Martin Luther...“ (Diabolo, 2.12.2010)
„Spannend, temporeich, skurril, toll Songs, super Spiel - so macht Kleist Spaß und wirkt nach! Glückwunsch, da ist etwas Einzigartiges gelungen!“ (S. Oltmer) „Super Premiere! Selten so viel Spannung erlebt! Musik gut, Spiel gut, alles gut!“ (A. und G. Kühn) „Glückwunsch zu dieser großartigen Aufführung!“ (G. und M. Block) „Wunderbar, wunderbar, wunderbar!!!“ (D. Behrends)
„Die eigentlichen Hauptfiguren sind Tom Keller und Dieter Hinrichs, die ein Dutzend Rollen mit großer Hingabe spielen, sich die Finger wund musizieren, tanzen und singen. Wie pantomimische Marktschreier im Nadelstreifenanzug und mit rot geschmickten Wangen treiben sie die Erzählung voran...“ (NWZ)